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Teilchenbeschleuniger oder Vollbremsung – Corona in der Coaching-Branche

07. September 2020

Das Berufsfeld des „Coaches“ in Deutschland ist vielfältig. Von Führungskräftetrainings bis Verkaufsschulungen, von Persönlichkeitsentwicklung bis zu Trainings zu Verhaltensänderungen oder Teamzusammenführungen. Ein Coach ist jemand, „der anhand von wissenschaftlich begründeten Methoden einen Klienten berät und betreut, um dessen berufliches Potential zu fördern und weiterzuentwickeln“. So formuliert es der Duden. In Satellite Office Workspaces finden viele Coaches eine Heimat, einen Ort, an dem sie ihre Coachings durchführen, ihre Termine vorbereiten und ihr häufig sehr hochkarätiges Klientel empfangen können. Wir sprechen heute mit Christiane Barho, ihr Heimathafen für Meetings und Coachings ist das Satellite Office in Frankfurt.

Ein Gespräch über Chancen und Herausforderungen der Krise mit Christiane Barho, Spezialistin für bedeutsame Dialoge.

Satellite Office: Was bedeutet die Corona-Zeit für Sie, Chance oder Katastrophe?

Christiane Barho: „Eigentlich beides. Denn zum einen hat mich Corona früher erwischt als die meisten andern in Deutschland, weil ich seit fünf Jahren viel in China arbeite. Das hat mich schon stark getroffen. Die Geschehnisse in Deutschland kamen dann mit einiger Verzögerung. Ich habe bis in die zweite März Woche Veranstaltungen vor Ort in Deutschland moderiert. Nach Mitte März wurde alles storniert. Da war ich in den ersten Tagen stark erinnert an die Finanzkrise – von heute auf morgen. Ich habe dann weiter gemacht, was ich schon begonnen habe, arbeite an meiner neuen Website, mache Investitionen in Digital, die ich alle schon vorher in Gang gesetzt habe und jetzt intensiv weiter entwickle. Meine Einschätzung, ob Chance oder Katastrophe, ist daher zweigeteilt: Zum einen habe ich den Eindruck, dass durch die Corona-Zeit eine riesen Dynamik eingetreten ist und sich einige hyperaktiv bewegen um tausend Dinge gleichzeitig zu bewerkstelligen, sich in vielfältigen technischen Tools auszutoben. Ich sehe viel blinden Aktionismus. Andere finden es angenehm, mal nicht immer „on the road“ zu sein, etwa von Hamburg nach Nürnberg und zurück für nur einen Tag. Es findet gerade ein Umdenkungsprozess statt, was ich mir persönlich schon letztes Jahr auf die Fahne geschrieben habe. Reisezeiten sind Lebenszeiten und ich war schon letztes Jahr nicht mehr bereit, so viele Stunden in Flugzeugen und anderen Verkehrsmitteln zu verbringen. Ich denke, Corona wird einen großen Effekt auf das Danach haben. Und das ist die Chance!

Satellite Office: Was ändert sich in Ihrem Berufsfeld durch Corona?

Christiane Barho: „Ich arbeite hauptsächlich im 1:1 Coaching, sowohl mit Führungskräften, die schon lange in einer Führungsrolle sind, aber auch super gerne mit denen, die ganz frisch in so einer Rolle sind. Gerne auch vorbereitend auf eine führende Rolle. Leadership Programme, verschiedene Module durchführen, High Potentials weiterbringen – darin liegt mein Herzblut. Letztes Jahr habe ich viel digitalisiert, weil ich nicht mehr aus dem Koffer leben wollte. Durch Corona ist das natürlich stark verstärkt. Doch ich habe schon im letzten Jahr sehr gute Vorerfahrungen mit der Digitalisierung im Coaching sammeln können. Es ist eine Vorannahme, dass man sich im Coaching sehen muss. Ich habe letztes Jahr viel reflektiert, was gut und was schlecht ist und immer wieder über das Thema online nachgedacht, genau aus der Perspektive des persönlichen Kontakts. Ich kannte auch einige Coaches, die virtuell gearbeitet haben, dachte aber immer, das ist nichts für mich. Letztes Jahr habe ich dann den Entschluss gefasst, mehr zu digitalisieren. Jetzt habe ich gute Erfahrungen damit sammeln können, davon profitiere ich jetzt. Speziell im 1:1 Coaching funktioniert es digital nämlich sehr gut! Allerdings mache ich digital keine Webinare mit großen Gruppen und auch niemals mehr als 3-4 Stunden am Stück. Ich nennen meine kleinen Module für bis zu 6 Personen gerne „Gold Nuggets“ weil sie so wertvoll für alle Seiten sind. Grundsätzlich habe ich bei allen Formaten allerdings ein Kick-off Treffen, ein Präsenz-Coaching. Das geht momentan natürlich nicht. Ich freue mich aber schon jetzt auf die Coachings in Frankfurt, in dem wunderschönen Office mit dem weiten Blick.“

Satellite Office: Was fehlt Ihnen in der Corona-Zeit am meisten?

Christiane Barho: Was mir fehlt, sind meine persönlichen Kontakte, speziell mit den Kunden, mit denen ich seit über 10 Jahren zusammen arbeite. „Allerdings ist das für mich sekundär, in Anbetracht dessen, dass wir unser Land hier wirtschaftlich womöglich gerade komplett an die Wand fahren. Ich hab den Eindruck, dass das noch nicht wirklich bei allen angekommen ist. Diese Krise ist nicht vergleichbar mit der Finanzkrise, die mich damals natürlich auch getroffen hat. Ansonsten sehe ich durchaus einige positive Aspekte in der jetzigen Phase. Viele nutzen sie um kreativ zu sein. Das Thema Homeoffice wird selbstverständlicher, die Wichtigkeit der Digitalisierung und einiges mehr. 

Über Christiane Barho:

Vor 17 Jahren beschloss Christiane Barho, sich selbstständig zu machen. Mit allen Höhen und Tiefen. Sowohl aus einer „weg von-Motivation“, viel stärker aber mit einer „hin-zu-Motivation“. Ursprünglich beruflich gestartet als Journalistin kam sie in die Finanzindustrie wie die Mutter zum Kinde, wurde dann Geschäftsführerin in einer Unternehmensberatung bis sie sich vor 17 Jahren als Coach selbstständig machte. In ihren Coachings verfolgt sie den „Facilitator-Ansatz“, nimmt ihre Klienten mit auf eine beschleunigte Zeitreise, ist so etwas wie eine behutsame Reiseleiterin. Sie gibt die Richtung, den Weg vor. Den Rest erarbeiten die Klienten aus sich selbst heraus. Kein Wunder, dass sie neben der Auto- und Finanzindustrie auch Kunden in der Hotellerie, im Tourismus und in der Luft- und Raumfahrt hat. Schon heute arbeitet sie zu 70 Prozent digital und zu 30 Prozent analog. Obwohl sie bis dato hauptsächlich im Unternehmenskontext arbeitet, wird sie mehr und mehr auch von Privatpersonen aufgesucht, die eine berufliche Standortanalyse für sich selbst brauchen – und das unabhängig vom Arbeitgeber. Der „Retreat für Frauen im Business“ ist ihr neuestes Programm. In drei Tagen und ganz kleinen Gruppen dreht sich während dieser kleinen Auszeit alles um die Frage „Was will ich“. Es gilt, an den kleinen Stellschrauben zu drehen, an der beruflichen Rolle oder an sich selbst. Innehalten und in sich hören, ob man dort, wo man gerade beruflich ist, noch gut aufgehoben ist. Das ganze findet natürlich offline statt. In der Zwischenzeit fand Christiane Barho aufgrund der vielen Zeit zu Hause die Liebe zum Schreiben wieder und hat ihre ganze Homepage neu getextet und gestaltet: www.christianebarho.com.